Bürogebäude, Stuttgart / Blocher Blocher Partners

Transparente Strukturen haben die zu Beginn der Industrialisierung errichteten Villen verdrängt. Ein Beispiel dafür ist das neue Zuhause von Blocher Blocher Partners am Herdweg 19 in Stuttgart: ein Gebäude, das die Unternehmenswerte Innovation und Nachhaltigkeit repräsentiert. Und die Ansprüche waren hoch: Denn hier planten Kollegen für Kollegen.

Bürogebäuden von heute wird viel abverlangt, vor allem wenn sie wie hier viele Disziplinen unter einem Dach beherbergen sollen: Neben dem Büro für Architektur und Innenarchitektur beherbergt dieses Gebäude auch ein Unternehmen, das Monomarkenkonzepte entwickelt als Agentur für Kommunikation, Corporate Design und Visual Merchandising.

Das Gebäude vereint bisher auf drei Standorte verteilte Büros – und das nur einen Steinwurf entfernt vom ursprünglichen Standort in der ruhigen Stuttgarter Lessingstraße. Am stark befahrenen Herdweg, am Hang in der Nähe des Stadtzentrums, wurde ein neuer Standort gefunden. Das Logengebäude aus der Nachkriegszeit, das einst auf diesem Grundstück stand, verfiel und verfiel – und wurde schließlich abgerissen. Doch die behördlichen Auflagen für den Neubau waren streng: So musste der Neubau in Grundfläche und Größe dem Original entsprechen.

Das Ergebnis ist eine Architektur des Dialogs, die weltweit höchste ökologische Standards so verkörpert, dass sie von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) mit dem Gold-Zertifikat ausgezeichnet wurde.

Als Kulisse für ihr Schmuckstück nutzten die Architekten die eher heterogene städtebauliche Kulisse des Herdwegs: Schlicht, aber markant. Ein Hingucker, der alle Vorbeigehenden oder Vorbeifahrenden verblüfft. Der rustikale Charme von Sichtbeton – einer zweischaligen Betonfassade mit Hohlraumdämmung – kontrastiert mit der ätherischen Transparenz breiter Fenster. Elemente aus Sipo-Mahagoni, strategisch platziert, verleihen der Fassade Tiefe; und die klaren Linien fügen ein Gefühl von Ordnung und Dynamik hinzu. Der Glasanteil entspricht den Vorgaben des DNGB für die Gold-Zertifizierung, während die Holzkuben die Optik der Gebäudehülle minimieren und Schall dämmen. Diese Würfel ermöglichen zusätzlich zu den automatisch gesteuerten Jalousien, die das Sonnenlicht blockieren, auch eine manuelle Steuerung der Belüftung.

Besonders charakteristisch für die von allen Seiten sichtbare Stahlbetonkonstruktion ist die Dachgestaltung. Die Architekten nutzten die Plastizität von Zement, um ein gefaltetes Dach zu schaffen. Das Ergebnis war eine völlig neue Interpretation des klassischen Satteldachs: Großformatige acht mal drei Meter große Betonfertigteile wurden über eine innere Tragschale gelegt. Den Übergang zwischen Dach und Fassade markiert ein horizontales Metallband für den Regenwasserablauf, das als Winkelfuge ausgebildet ist.

Das Bürogebäude besteht aus drei Vollgeschossen, Garten, Dach und Keller. Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein aufgeständertes Untergeschoss mit angeschlossener Tiefgarage. Durch die Hanglage scheinen das erste und zweite Obergeschoss zu schweben. Die Topographie erfordert auch die relativ große Stützmauer im Nordwesten. Mit Bambus bepflanzt, bildet er eine Rückwand für die beiden großen Besprechungsräume im Erdgeschoss. Das Dachgeschoss mit seinen großzügigen Loggien war zunächst als Wohnung geplant. Deshalb bietet es nicht nur einen herrlichen Blick über das Stuttgarter Tal, sondern auch lichtdurchflutete Arbeitsplätze.

Vor der Garageneinfahrt ragt ein monolithischer Baukörper mit Treppenhaus in den Herdweg hinein. Diese Anordnung ermöglicht auch, dass jede Etage unabhängig voneinander funktioniert. Auf der Straßenebene befindet sich ein Eingang für die Mitarbeiter, während der Haupteingang über eine breite, offene Treppe entlang eines terrassenartigen Innenhofs in das erste Obergeschoss führt. Sowohl das Erdgeschoss als auch das Gartengeschoss bieten zahlreiche Möglichkeiten, nach draußen zu treten. Die Tiefgarage schließt direkt an das Gartengeschoss an, von dem eine Rampe in einen weiteren, höher gelegenen Garten sowie über ein Tor ins Gebäudeinnere führt.

Der Grundriss umschließt einen sandgestrahlten Betonkern, der die notwendigen Luftschächte, Toiletten, integrierte Garderoben und Teeküchen enthält. Ein weiterer Kern, dessen lamellenartige Holzstruktur aus dem gleichen Sipo-Mahagoni besteht wie die Fensterkuben, umfasst kleine Besprechungsräume für die Mitarbeiter sowie Kopierräume. Auf den Gartengeschossen und im Dachgeschoss werden diese Holzkerne so weit wie möglich minimiert. Neben ihrer ästhetischen Erscheinung haben sie auch eine praktische Funktion: Schall zu absorbieren.

Die Schlichtheit der Innenarchitektur mit sandgestrahlten und Sichtbetonoberflächen sowie Zementestrichböden harmoniert mit dem äußeren Erscheinungsbild. Heizung und Kühlung werden über die Sichtbetondecke geführt. Die Nutzung von Geothermie, die durch 35 Erdbohrungen bis in eine Tiefe von 40 Metern erschlossen wird, war neben Grauwassernutzung, aktiv gepflegter Dachbegrünung und Kosten- und Energieeffizienz, um nur einige zu nennen, eine weitere Voraussetzung für die DGNB-Gold-Zertifizierung ein paar.

Offene Etagen, die dennoch klar definierte Räume haben, lassen die Grenzen zwischen den Arbeitsbereichen verschwinden. Ein zentrales Anliegen der Planer war es, die Aufenthaltsqualität der Mitarbeiter zu steigern. Die Geschäftsleitung wollte den Teamgeist sowie das Wir-Gefühl stärken und die Arbeitsabläufe optimal verzahnen. Im Erdgeschoss stehen drei Konferenzräume für unterschiedliche Anforderungen an einem durchschnittlichen Arbeitstag zur Verfügung. Darüber hinaus verfügt jede Etage neben einer Bibliothek, einer Werkstatt und kleinen Kommunikationszonen über Besprechungsräume, die an die großzügige Diele angrenzen, die straßenseitig am Gebäude entlang verläuft. An die großzügige Cafeteria im Gartengeschoss schließt sich eine möblierte Terrasse an, die auf der einen Seite vom eingeschossigen Gebäudeflügel flankiert wird, in dem die Kommunikationsagentur Blocher Blocher View untergebracht ist. Die andere Seite öffnet sich zu einem zweistöckigen Atrium, das nur durch eine Glasschiebewand von der Cafeteria getrennt ist. Für Großveranstaltungen entsteht im Handumdrehen ein großer Saal. Vom Erdgeschoss öffnet sich das Atrium in einen beeindruckenden offenen Raum, der von einer Lichtinstallation geschmückt wird, die vom Spiel „Jackstraws“ oder „Pick-up-Sticks“ inspiriert ist. Vielfältige Blickwinkel bieten sich auch von der offen gestalteten Stahltreppe, die vom Gartengeschoss in das oberste Stockwerk führt.

Der offene Raum wird nicht nur durch das Mobiliar, sondern auch durch Glaswände mit Akustikabsorbern strukturiert. Schränke, Tische und Sideboards spiegeln ein geradliniges Design wider. Die Mitarbeiter sitzen an langen Tischen, die sogar groß genug sind, um entfaltete Blaupausen aufzunehmen. Ellenbogenhohe Aufbewahrungseinheiten dienen als Trennwände zwischen Vierer- oder Sechsergruppen oder als Stehtische für spontane Meetings. Ergänzt wird das natürliche Licht durch in die Decke eingelassene LED-Lichtleisten sowie durch abgehängte LED-Leuchten mit direkter und indirekter Beleuchtung.

Von ihren Arbeitsplätzen blicken die Mitarbeiter ins Grüne oder blicken über die Dächer der Stadt. Durch den Terrassenbereich in die Gartenebene und die Landschafts- bzw. Gartenebene im Erdgeschoss werden klare Sichtlinien und Orientierungen nach außen geschaffen. Um den DGNB Gold-Standard zu erfüllen, setzte der Landschaftsarchitekt auf heimische Gehölze und Stauden. Er setzte die Essigzementflächen mit einem blühenden Crescendo aus Gräsern, Schafgarbe, Lavendel, Schleierkraut, Iris und Pfingstrosen in Szene, ein Garten, der erst im Winter in ein sattes Grün übergeht. Stühle und Liegen bieten die Möglichkeit, mit der Natur in Kontakt zu kommen. Innen wie außen. Für die 150 Mitarbeiter dieses Konsortiums wurde ein angemessenes Umfeld mit Wohlfühlversprechen geschaffen. Ein Ort von bleibendem Wert.

Projektdetails:
Ort: Stuttgart, Deutschland
Typ: Büros
Fläche: 3.300 Quadratmeter
Architekten: Blocher Blocher Partners
Fotos: Klaus Mellenthin

Gartengeschoss Erdgeschossplan Erdgeschossplan Dachplan Schnitte